Sind Sie auch in der Krise kommunikativer Leader?

Immer mehr Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitenden derzeit schwierige Botschaften vermitteln. Wie macht man das?

Vor einigen Wochen bat mich die Inhaberin eines renommierten Architekturbüros um einen Beratungstermin. Wir trafen uns auf ihren Wunsch hin in einem ruhigen Café, wo sie mir ihre schwierige Ausgangslage schilderte: Aufgrund von Auftragsrückgängen, mindestens teilweise corona-bedingt, werde sie innerhalb der kommenden Wochen eine Abteilung ihres Unternehmens schliessen müssen. Betroffen davon seien fünf Mitarbeitende, die sie nicht weiterbeschäftigen könne. Den Entscheid habe sie in Absprache mit zwei weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung, die gleichzeitig Teilhaber seien, getroffen. 

Ihr Beratungsanliegen betraf zunächst die Kommunikation der Hiobsbotschaft. Wir analysierten die Ausgangslage und definierten die Zielgruppen der Kommunikation. Gleichzeitig legten wir die Chronologie der Information fest:

  1. Von der Entlassung betroffene Mitarbeitende
  2. Übriges Team
  3. Kundinnen und Kunden
  4. Geschäftspartner/-innen
  5. Öffentlichkeit

Anschliessend bestimmten wir die geeigneten Kommunikationskanäle:

  • Wer soll face-to-face von der Chefin persönlich informiert werden?
  • Kommen Telefon und E-Mail zum Einsatz?
  • Bei welcher Zielgruppe empfiehlt sich ein Brief?
  • Soll zu einer Medienkonferenz eingeladen werden oder reicht eine Medienmitteilung?
  • Was wird auf der Unternehmens-Website kommuniziert?

Mit Zielgruppen und Kanälen sind zwei der drei Hauptkomponenten erfolgreicher Krisenkommunikation bestimmt. Nun geht es um den mit Abstand wichtigsten Teil:

Die richtigen Worte

In anspruchsvollen Lagen zeigt sich nicht nur, wer wirklich über Leader-Qualitäten verfügt, sondern insbesondere, wer gelernt hat, wie ein Leader zu kommunizieren. Da jede Situation neu und kaum mit anderen zu vergleichen ist, gibt es keine Standardrezepte. Wohl aber einige Kriterien, die in der Krisenkommunikation unabdingbar sind. Ich thematisiere in der Beratung von Führungskräften sieben Schritte:

  1. In der Krise übernimmt die Chefin bzw. der Chef die Kommunikation, steht vorne hin und schafft durch ruhige Präsenz Vertrauen.

  2. Es ist wichtig, offensiv sowie zeitnah zu kommunizieren und Informationen nicht mit Floskeln wie «wir können das weder bestätigen noch dementieren» zurückzuhalten.

  3. Gefasst zu wirken ist gut, aber es ist nicht das Ziel, ein Pokerface oder keine Regungen zu zeigen. Echte Betroffenheit darf sich durch Stimme und Körpersprache ausdrücken.

  4. Jede Botschaft sollte zukunftsgerichtet sein. Sie drückt aus, dass das Geschehene nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und die Aufgabe darin besteht, Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Im Idealfall werden bereits erste Sofortmassnahmen zur Lösung des Problems skizziert.

  5. Gute Kommunikation, auch in der Krise, ist immer Dialog. Wer erfolgreich kommunizieren will, schafft bewusst Raum für Reaktionen, Emotionen und Fragen. Dabei ist es im Sinn des Ressourcenmanagements empfehlenswert, vorgängig bekanntzugeben, wie lange man für den Dialog zur Verfügung steht. 

  6. Krisenkommunikation ist mehr als jede andere Aktivität imagebildend. Sie muss am Wertekompass einer Organisation ausgerichtet sein. Achtung: Oft beweist eine ungenügende Krisenkommunikation, dass eine Organisation ihr Werteleitbild nicht wirklich lebt.

  7. Wer sich in schwierigen Situationen an seine Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden, Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner sowie an Medien und Öffentlichkeit richtet, muss seine Worte auf die Goldwaage legen. Es empfiehlt sich dringend, ein konsistentes Wording zu entwickeln, dieses mit einer Fachperson zu überprüfen und darauf zu achten, dass niemand über dieses Wording hinaus kommuniziert.

Zusammengefasst: In der Krisenkommunikation müssen Botschaften klar, wahr und zukunftsorientiert sein. Gute Leader kommunizieren zudem persönlich, authentisch und offensiv. Spontaneität ist in der Krisenkommunikation fehl am Platz.

Möchten Sie Ihre Krisenkommunikation verbessern und sich auf den Ernstfall vorbereiten? Oder benötigen Sie jetzt Beratung, um eine aktuelle Situation kommunikativ zu meistern? Rufen Sie an: +41 79 411 81 35

André Kesper ist Kommunikations- und Organisationsberater und verfügt über eine professionelle Weiterbildung in Krisenkommunikation.